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Römers Reich:
Macht Gesundheit krank?

Von Axel Römer

Die AOK verkündete am 18. Oktober, dass die Fehlzeiten ihrer Versicherten 2022 ein Rekordhoch erreicht hätten. Je 100 erwerbstätiger Versicherter gab es 216,6 Krankmeldungen. Von 2012 bis 2021 waren es jährlich im Schnitt 159,7 Krankheitsfälle. Am selben Tag veröffentlichte die BARMER, dass fast jedes dritte Kind in Sachsen-Anhalt zwischen sechs und 14 Jahren psychische oder Verhaltensstörungen zeigen würde. Noch eine Hiobsbotschaft kam von der DAK. Aufgrund psychischer Erkrankungen wurden je 100 Versicherte 300 Arbeitsunfähigkeitstage registriert. Übrigens bei Frauen 380 und bei Männern 233 Tage. Der Krankheitshorror geht aber weiter: Tumor-Diagnosen nehmen zu, beim Übergewicht und bei Beeinträchtigungen des Bewegungs- und Stützapparates ist es genauso. Die Liste zunehmender Erkrankungen ist lang, Allergien und sonstige Empfindlichkeiten dürfen nicht vergessen werden.

Folgt man den Zahlen, werden wir offenbar immer kränker. Natürlich stimmt ebenso, dass wir eine alternde Gesellschaft sind, dass Menschen heute schneller und häufiger zum Arzt gehen. Allerdings zeigen die Zahlen der Krankenkassen ausschließlich Erwerbstätige. Von Senioren ist in der Statistik nichts enthalten. Gern tragen wir die Losung vor uns her, dass wir eine aufgeklärte Wissensgesellschaft sein würden. Sollte also Wissenszuwachs für steigende psychische Beeinträchtigungen verantwortlich sein. Gut, aus der These darf man keine Korrelation ableiten. Manche Bescheidwisser werden jetzt sofort wieder rufen, dass die Arbeitsbelastung ständig steigen würde. Aha und das bei statistisch sinkenden Arbeitszeiten? Wie erklären wir dann die steigenden Zahlen bei Kindern, für die junge Eltern heute so viel Betreuungszeit investieren wie keine Generation vor ihnen?

Die Jetztzeit mit ihren Rund-um-die-Uhr-Informationen aus Smartphones, Smartwatches, Tablets, PCs und TV-Geräten erzeugt ganz sicher Stresspotenziale, die vor dem Internetzeitalter undenkbar waren. Permanent schauen wir auf das Weltgeschehen, regen uns über Geschehnisse, Fehler und Meinungen anderer auf und müssten eigentlich bekennen, dass wir häufig genug noch nicht einmal das eigene kleine Dasein vollumfänglich im Griff hätten. Und dann kommt ja noch ein Arztbesuch dazwischen, weil es irgendwo im Körper zwickt oder zwackt. Mit zunehmenden Krankheitszahlen sprießen die Angebote allerlei Coaches für Achtsamkeit, das Hören auf die innere Stimme oder sonstige gesunde Lebensführung aus dem Boden. Der Trend ist nicht neu. Trotz dieser vielen Entspannungsprogramme und Gesundheitsratgebern ist eine Umkehr bei der Krankheitsentwicklung nicht zu sehen.

Ich würde fast schlussfolgern, wir machen uns an der Gesundheit krank oder vielmehr an einer Art Wahn, wir könnten alles in den Griff bekommen. Und dann fällt mir stets der Spruch ein: Trotz allem medizinischen Fortschritt können wir immer noch keinen Schnupfen heilen. Bitte bleiben Sie schön gesund im kranken Deutschland.

Seite 3, Kompakt Zeitung Nr. 243

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