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Standpunkt Breiter Weg:
Wieder über Frieden reden lernen

Thomas Wischnewski

Vor vier Jahren wurde die Corona-Pandemie ausgerufen und der erste Lockdown verhängt. Ostern verbrachten wir abgeschottet in den eigenen vier Wänden im kleinsten Kreis der Familie. Angst verbreitete sich. Maßnahmen-Kritiker erhielten Leugner-Etiketten. Heute werden von der Politik leise Fehler eingeräumt. Manches war zu streng oder gar unnötig. Viele beugten sich dem Impfdruck. Inzwischen mehren sich anerkannte Impfschäden. Für manche Krankheiten kann aber gar kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem RNA-Impfstoff mehr hergestellt werden. Das fast drei Jahre währende Pandemieleben gerät langsam in Vergessenheit oder wird verdrängt.


Die Wirkmechanismen, die Menschen, Wirtschafts-, Sport- und Kulturbereiche lähmten, dürfen nicht vergessen werden. Weil wir pflegen sie nämlich an anderen Stellen mit anderen Inhalten weiter. Die aktuellen Fronten ziehen sich zwischen die Standpunkte von Waffenlieferungsbefürwortern und deren Gegner, zwischen Israel-Kritikern und Unterstützern zwischen rechte und linke politische Ansichten, zwischen Medieninhalte und deren Antipoden.


Die deutsche Debatte um die Unterstützung der Ukraine schürt derzeit viele Ängste. Laut Umfragen ist die Mehrheit der Deutschen dagegen. Dass Menschen, die Friedensverhandlungen fordern, beschimpft werden, ist ein gefährlicher Trend. Ostermärsche waren einst – zumindest in Westdeutschland – ein probates Demonstrationsmittel der Friedensbewegung. Heute werden Anhänger von Friedensvorschlägen oft als Russlandfreunde angesehen. Was wir in diesem Land offenbar wirklich aufgegeben haben, ist Meinungsvielfalt, differenzierte Argumentationen sowie Respekt und Akzeptanz unterschiedlicher Ansichten. Die Corona-Zeit könnte als lehrreiche Episode herhalten, wie man in einer Gesellschaft keinesfalls miteinander umgehen sollte. Aber wir haben scheinbar wenig daraus gelernt.


Gegenstandpunkte werden zu schnell zu Feindbildern aufgebaut. Die Nazi-Schreckenszeit bei jeder möglichen Gelegenheit mit dem Heute verknüpft, aber die eigentlichen Ursachen, die mit existenziellen und Verteilungsfragen verbunden sind, ausgeblendet. Feinde erzeugen sich gegenseitig. Wer mit dem Finger nur in eine Richtung zeigt, kann die eigenen Fehler nicht mehr sehen.


Empörung hat Konjunktur. Eine sich weiter aufheizende Stimmung in der Gesellschaft kann sich zum Flächenbrand entwickeln und demokratische und Freiheitsrechte abfackeln. Wer sich für den Schutz des demokratischen Gemeinwesens einsetzen will, muss diskutieren, und zwar immer wieder. Demokratie ist reden. Das scheinen wir zu verlernen. Reden ist zum verbalen Aufeinandereindreschen mutiert, auf allen Seiten. Ostern als symbolisches Friedensfest sollte uns daran erinnern, dass Kämpfe nur Fronten verhärten. Wir müssen wieder lernen von allen Positionen aus über Frieden reden zu können, vor allem dann, wenn uns der andere Standpunkt nicht passt.

Seite 2, Kompakt Zeitung Nr. 252, 19. März 2024

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