Carsharing contra Parkplatznot
Tina Beddies-Heinz
Wer in einer größeren Stadt lebt, ist nicht zwingend auf ein eigenes Auto angewiesen. Viele Ziele sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar. Und bei Bedarf kann man Busse, Straßenbahnen, Nahverkehrszüge und andere öffentliche Verkehrsmittel nutzen – sollte der Weg doch zu weit oder das Wetter zu unangenehm sein. Es gibt jedoch immer wieder gewisse Situationen, in denen sich ein Auto als nützlich erweisen würde. Aber lohnt es sich für Ausnahmefälle, ein Auto – egal welcher Größe – anzuschaffen? Laut Angaben des Umweltbundesamtes wird ein Pkw in Deutschland durchschnittlich lediglich eine Stunde am Tag genutzt. Das heißt, die restlichen 23 Stunden steht das Vehikel nur herum und blockiert vor allem in großen Städten wertvollen Platz.
Bereits seit Jahren gibt es ein Modell, das genau diese Punkte aufgreift: das Carsharing – zu Deutsch: Auto teilen. Darunter ist die organisierte gemeinschaftliche Nutzung von Autos auf Grundlage einer Rahmenvereinbarung zu verstehen. Und anders als bei der konventionellen Autovermietung ermöglicht Carsharing ein kurzzeitiges Anmieten von Fahrzeugen. Abgesehen vom umweltfreundlichen Aspekt bietet das Carsharing auch zahlreiche andere Vorteile: die Anschaffungskosten für ein eigenes Auto entfallen natürlich; für Wartungen und Reparaturen ist der Anbieter zuständig; die Nutzer benötigen keinen eigenen Stellplatz; es können je nach Verwendungszweck unterschiedliche Fahrzeugtypen genutzt werden; da das Fahrzeug von mehreren Personen gefahren werden kann, wirkt sich dies auf die Effizienz aus; und mittlerweile ist das Anmieten der Autos via App recht unkompliziert.
Bereits 2011 hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft Wobau eine Kooperation mit dem Carsharing-Anbieter „teilAuto“ gestartet. „Wir haben den ersten Stellplatz in Stadtfeld Ost, in der Annastraße, eingerichtet“, erinnert sich Kerstin Willenius, Leiterin der Wobau-Geschäftsstelle Süd. „Da die Parkplatzsituation dort ziemlich angespannt ist, lag es auf der Hand, dort mit dem Carsharing zu starten.“ Die Kooperation sieht vor, dass die Wobau den Stellplatz für das entsprechende Auto zur Verfügung stellt. Im Gegenzug erhalten Wobau-Mieter eine Vergünstigung bei der Nutzung des Carsharing-Angebots.
Auch in der Flechtinger Straße, direkt vor der Wobau-Geschäftsstelle wurde nun eine Carsharing-Option eingerichtet – die inzwischen fünfte im Rahmen der Kooperation. „In der Beimssiedlung ist die Parkplatznot ebenfalls groß. Die Wege zur nächsten Bus- oder Straßenbahnhaltestelle sind allerdings nicht die kürzesten. Daher möchten wir unseren Mietern hier ebenfalls die Möglichkeit einräumen, bei Bedarf auf ein ‚teilAuto‘ zurückgreifen zu können“, erzählt Kerstin Willenius. Diesmal hat die Wohnungsbaugesellschaft den nächsten Schritt unternommen und eine kombinierte Nutzung vereinbart. Soll heißen, das entsprechende Auto steht nicht nur den Mietern, sondern auch den Mitarbeitern zur Verfügung. Dies sei für die Wobau auch aus betriebswirtschaftlichen und Nachhaltigkeitsgründen interessant. „Anstatt die Wobau-Flotte mit einem weiteren Fahrzeug zu bestücken, das außerhalb unserer Arbeitszeiten nur herumsteht, können wir auf das ‚teilAuto‘ zurückgreifen“, so die Leiterin der Geschäftsstelle in der Flechtinger Straße.
In der App könne problemlos eingesehen werden, wann das Auto zur Verfügung steht. „Wenn ein Mitarbeiter zum Außentermin fahren muss und unsere eigenen Fahrzeuge ausgelastet sind, steht uns diese Option offen. Und ansonsten können unsere Mieter darauf zurückgreifen“, sagt Kerstin Willenius und fügt an: „Wir werden damit das Parkplatzproblem in bestimmten Gebieten nicht sofort lösen können, aber es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“ Aus diesem Grund plant die Wobau in den dicht bewohnten Gegenden der Stadt die Kooperation mit dem Carsharing-Anbieter auszubauen. „Wenn der Bedarf da ist, können wir uns vorstellen, das Angebot auf das Stadtzentrum auszuweiten und unterschiedliche Fahrzeugklassen einzubeziehen.“ Dann würde das Carsharing-Netz in der Landeshauptstadt auch etwas feinmaschiger werden.
Seite 33, Kompakt Zeitung Nr. 252
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