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Römers Reich:
Windkraft braucht Straße

Axel Römer

Das Wort Energiewende soll uns sagen, dass wir Abschied von den sogenannten fossilen Brennstoffen nehmen. Die Zukunft ist grün und frei von Emissionen. Dafür müssen geschätzt rund 260.000 neue Windkraftanlagen aufgebaut werden. Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck hat dafür extra das „Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ auf den Weg gebracht. Kurz nennt sich das seit 1. Februar geltende Recht „Wind-an-Land-Gesetz“. Das erste Problem: Mit dem Gesetz werden den Ländern Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben. Bislang sind bundesweit 0,8 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen an Land ausgewiesen. Tatsächlich verfügbar sind allerdings nur 0,5 Prozent.


Nun stößt das Vorhaben auf ein weiteres Problem. Viele deutsche Straßen und Brücken sind für den Transport der monströsen Anlagen nicht geeignet. Brücken sind nicht ausreichend stabil, Kurvenradien zu eng. Wie also an die noch nicht ausreichend ausgewiesenen Bauplätze kommen, wenn die Schwerlastkraftwagen mit den riesigen Rohren und Rotorblättern gar nicht erst dorthin gelangen?


Und dann stehen sich die Grünen auch noch selbst im Weg. Denn einen Ausbau und eine Ertüchtigung des Straßennetzes lehnt die Partei grundsätzlich ab. Natürlich hatten jene Vertreter bei ihrer Gegenwehr den Individualverkehr im Auge, der, ihres Erachtens wegen, keine weitere Förderung erhalten soll. Wirtschaftsminister Habeck musste auf dem Windgipfel am 22. März in Berlin einräumen, dass die Verkehrsvoraussetzungen derzeit ein Problem sind. 


Eine alte weise Frau hätte sicher die schöne Redewendung gebraucht: „Wer das Eine will, muss das Andere mögen.“ Mir erscheint es jedoch so, als würde das Handeln von heute nur die eine Seite in Betracht ziehen. Egal, was wir auch anfassen, die Dinge haben mindestens zwei Seiten, oft sogar mehr. Und selbst die Einsicht ist bereits auf menschliche Abstraktion zurückzuführen. Ich glaube nicht so sehr daran, dass Menschen – egal für wie gut sie ihre Einsicht halten – vorrangig Gutes schaffen würden. Vielleicht bin ich auch schon zu alt, um von der stets guten, visionären Kraft der Menschheit überzeugt zu sein. Schließlich bin ich einer, der eher von Goethes Gestalt Mephisto geprägt wurde, die das eine will und doch das andere schafft. Nur um das klarzustellen, ich bin ganz auf der Seite der Überzeugten, die das zerstörerische Werk des Homo sapiens mit seinem Ressourcenraubbau sehen. Andererseits halte ich die Verhinderung von allem per Diktaten und Verhaltensvorschriften ebenso wenig für hilfreich. Darin schlummert der Keim von machtanmaßenden Steuerungsvorschriften, die Vorstellungen von Selbstbestimmung, Freiheit und ausgleichender Gerechtigkeit mit Füßen tritt. Wirksame ökologische Energieerzeugung kann nur auf Funktionen wie beispielsweise einem ertüchtigten Verkehrssystem aufbauen und nicht per Zaubertricks verändert werden.

Seite 3, Kompakt Zeitung Nr. 230

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