Magdeburger Gesichter: Ein Garten in Sudenburg
Sabine Liebscher
Der Rittergutsbesitzer Wilhelm Schneider, Sohn des Guts- und Fabrikbesitzers Karl Wilhelm Schneider (geb. um 1800) und seiner Frau Sophie Dorothea Schneider, geb. von Alemann (1813–1833), kam ungefähr 1830 zur Welt und wurde früh zum Waisenkind. Um den unmündigen Neffen Wilhelm Schneider mit Geld abfinden zu können, verkaufte die Familie von Alemann, die Geschwister seiner Mutter, das Gut Benneckenbeck, südwestlich der Stadt Magdeburg gelegen. Sie erwarben das Anwesen, das heute zum Stadtgebiet Magdeburg gehört, aber wieder zurück.
Über den beruflichen Werdegang Schneiders ist nichts bekannt. Er ließ 1860 auf einem großen Grundstück an der Chaussee von Magdeburg nach Sudenburg für sich einen Gutshof mit Zichoriendarre und eine Villa errichten. Die Wurzelzichorie wurde damals geröstet. Zunächst hatte man sie dem Bohnenkaffee als Bitterstoff und zur Farbgebung zugesetzt. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Zichorie als selbstständiges Kaffeegetränk verwendet. Durch die Förderung des Anbaus unter Friedrich dem Großen waren Produktion und Verarbeitung der Zichorie Mitte des 19. Jahrhunderts ein einträgliches Geschäft.
Die Villa an der Halberstädter Straße in Sudenburg wurde Schneiders Wohnsitz. Er ließ dahinter einen kleinen Park mit geschwungenen Wegen anlegen, der später auch als Grabstätte einiger Familienangehöriger genutzt wurde. Wilhelm Schneider wurde ebenfalls hier beigesetzt. Leider sind die meisten Grabsteine unlesbar verwittert.
Anfang des 20. Jahrhunderts machte man aus diesem Gelände einen öffentlichen Park, den sogenannten „Schneidersgarten“. Die Grünanlage blieb bis heute erhalten, und die Fläche ist begrenzt durch die Jordan-, die Brunner- und die Dürerstraße.
Über die Familie des Wilhelm Schneider ist wenig bekannt. Eine Fanny Agnes Schneider wird verwandtschaftlich mit ihm in Verbindung gebracht. Sie wurde 1853 geboren und könnte eine Tochter gewesen sein. Der häufig vorkommende Familienname Schneider erschwert die Recherche zur Person.
Auf dem Gemälde sitzt der junge Schneider mit seinen beiden Jagdhunden am Tisch vor einem Kamin. Mit Verzierungen und Utensilien im Raum weist der Magdeburger Künstler des Porträts, Edmund Wodick, offensichtlich auf das Interesse des jungen Gutsbesitzers für die Jagd hin. Die ruhige, fast lässige Haltung, eine Hand gönnerhaft auf den Kopf eines Tieres gelegt, und das milde Lächeln lassen den jungen Mann etwas arrogant erscheinen. Wodick war ein ausgezeichneter Beobachter, und mit kleinen Details charakterisierte er seine Auftraggeber perfekt.
Das Kulturhistorische Museum Magdeburg erinnerte 2021 an Magdeburger Gesichter des 19. Jahrhunderts. Die Porträts der Sonderausstellung sind weiterhin in der Kompakt-Zeitung zu finden.
Seite 10, Kompakt Zeitung Nr. 233