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Römers Reich:
Wie rechts von links wächst

Axel Römer

Der Kampf gegen rechts ist das Gebot der Stunde. Und wie man in jüngerer Zeit an zahlreichen Demonstrationen ablesen konnte, haben sich viele Menschen gegen rechts positioniert. Kurioserweise scheint der störrische Teil der Gesellschaft, den man als rechten erkannt haben will, nicht zu schmelzen. Manchmal liest man aus Wahlumfragen heraus, dass die AfD als ausgemachte Rechtskurve nicht an Zuspruch verliert, sondern auch hin und wieder einen Punktgewinn für sich verzeichnen kann.


Was bedeutet nun eigentlich politisch rechts zu sein? „Die politische Rechte ist der Teil des politischen Spektrums, der von einer Ungleichheit der Menschen ausgeht und daher eine gesellschaftliche Hierarchie befürwortet oder akzeptiert. Ungleichheit wird von ihr als unausweichlich, natürlich, normal und wünschenswert betrachtet. Hier ist zu unterscheiden zwischen der klassischen Rechten, welche die Ungleichheit durch Erbfolge und Familientradition gerechtfertigt sieht, und der liberalen Rechten, welche Ungleichheit nur dann für gerechtfertigt hält, wenn sie das Resultat eines fairen Wettbewerbs ohne Vorteilsweitergabe an Nachfahren ist.“ So steht es bei Wikipedia. Im Umkehrschluss sind Linke also Hierarchiegegner. Im heutigen politischen Spektrum kann ich nicht erkennen, dass sich linke Politik gegen das Hierarchische stemmt. Im Gegenteil, es entstehen einfach neue Hierarchien, solche in Gleichstellungsfragen, in Geschlechterunterscheidungen, zwischen toxischer Männlichkeit und den Irgendwie-anders-sein-wollenden. Mir schwant, rechts zu sein, ist eine Deutung, die von Menschen herrührt, die sich selbst links verorten. Links steht das Gute und Progressive dieser Welt. So gilt es seit der französischen Revolution. Historisch betrachtet, haben die bisher Macht erlangten Linken wie Josef Stalin, Mao Tse-tung oder der kolumbianische Kommunist Pol Pot viele Schrecken hinterlassen. Nun wird der Nationalsozialismus gern als ausschließlich rechte Strömung bezeichnet. Er ist aber beides, weil ihm Hierarchisches, ethnisch Überhöhtes und wirtschaftliche Vergesellschaftungsforderungen innewohnten. Und solche katastrophalen Gesellschaftsexperimente, bei denen Ideologen – welcher Richtung auch immer – am Reißbrett den Verlauf der Zukunft vorherbestimmen und sich die entsprechenden Menschen dafür formen wollten, kann eigentlich niemand haben wollen.


Das Problem unserer Zeit ist wohl eher, dass heute Kritik an Regierungspolitik vorrangig rechts verortet wird. Da waren die skeptischen Zuwanderungskritiker, die 2015 zu Fremdenfeinden und Rassisten stilisiert wurden. Argumente gegen Corona-Maßnahmen erzeugten Corona-Leugner. Schwurbeler haben ohnehin Hochkonjunktur. Und jeder, den man im Meinungsspektrum nicht mit der zukunftsweisenden Politik der Regierungen in Einklang bringen kann, steht natürlich rechts. Die Menge der Rechten wird also weiterwachsen, weil die Kritik an der Politik nicht aufhört. Das Tragische ist, dass linke Deutungsmächtige den wirklichen Rechtsextremisten in die Hände spielen. Diese sagen den Konservativen der Mitte: Wir haben recht, wir sind als Feinde vereint. Niemand will mit Euch reden! Die Frontlinien sind gezogen und Rechte werden auch von Linken vermehrt.

 

Seite 3, Kompakt Zeitung Nr. 253, 10. April 2024

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